Die Geschichte der Windmühlenmesser: Vom Familienbetrieb zur internationalen Marke


Die Gründergeneration: Robert Herder und seine Frau Emilie

Robert Herder war nach dem Tod seines Vaters Daniel Herder II (dem Jüngeren) mit seinen Brüdern und seiner Mutter Mitinhaber der Firma seines Vaters. Diese war 1810 von Daniel Herder I (dem Älteren) am Keusenhof gegründet worden, die aus der um 1770 herum bestehenden Fabrikationsgemeinschaft der Söhne des Clemens Herder hervorging. Clemens war Roberts Urgroßvater.
1872 trat Robert Herder aus der Firma Daniel Herder aus und gründete die Firma Robert Herder am Keusenhof. Er verlegte sich zuerst auf die Belieferung von der Detailkundschaft in Thüringen und Sachsen, machte nur gute Qualität in Bestecken, Brot-, Schlacht- und Gemüsemessern und Scheren. Taschenmesser, Rasiermesser etc. wurden gekauft und verkauft.
Robert Herder besuchte als Inhaber seine Kundschaft selbst. Er war ein guter Unternehmer mit hoher Fachkenntnis und gutem Leumund, der bei seinen Mitarbeitern und seinen Kunden hohe Akzeptanz genoss.

Robert Herder und seine Frau Emilie

Der Gründer Robert Herder, geboren am 10. Januar 1841, mit seiner Frau Emilie, geborene Backhaus. Sie heirateten am 12. Mai 1870, zwei Jahre vor der Gründung unserer Firma im Jahr 1872. Emilie Backhaus stammte aus der Familie F.W. Backhaus, die ebenfalls eine Stahlwarenfirma in Ohligs besaßen und bereits 1827 gegründet wurden.


Paul Herder mit seiner Frau Anna, geborene Habran. Sie stammte aus Fléron in Belgien. Paul wurde am 12. März 1872 geboren, im Gründungsjahr der Firma. Er trat 1888 mit 16 Jahren als Lehrling in die Firma seines Vaters ein. Paul und Anna heirateten am 26. April 1902. Anna war eine der ersten Frauen in Solingen, die eine Prokura für die Firma ihres Mannes erhielt.

Die 2. Generation: Paul Herder mit seiner Frau Anna

Paul Herder war ein Unternehmer von außergewöhnlichem Format. Gleichermaßen talentiert und ideenreich in technischen, gestalterischen, verkäuferischen und verhandlungstechnischen Aufgaben. Ihm verdankt die Firma die maßgeblichen Grundlagen und Prinzipien, die auch heute noch Gültigkeit haben und welche die „Windmühle“ ausmachen. Sie bildeten das Fundament für den langfristigen Erfolg der Windmühlenmesser.
Bereits im jugendlichen Alter von 17 Jahren im Jahr 1890 wurde er von seinem Vater Robert nach Belgien und Holland geschickt mit der Aufgabe, Handelskontakte in den dortigen Märkten für die Firma aufzubauen und auch ein geeignetes Warenzeichen hierfür zu finden. Er war sehr erfolgreich, da es ihm gelang einen sehr fähigen Vertreter für Belgien für die Firma zu gewinnen.
Darüber hinaus schlug er seinem Vater nach seiner Rückkehr eine Windmühle als Zeichen vor, angeregt durch die vielen Windmühlen in diesen Ländern. Es dauerte jedoch noch einige Jahre, bevor sich die Windmühle als Zeichen manifestierte.
Bisher hatte die Firma für den inländischen Markt ein „Vierblättriges Kleeblatt“  (1896) und für den Export eine „Adlersäule“ (1898) als Marken eingetragen. Die „Windmühle“ jedoch entwickelte sich zum erfolgreichsten Zeichen der Firma und wurde 1905 registriert. Aber nicht nur neue Kunden und ein neues Warenzeichen brachte Paul mit.
Er widmete sich auch der Aufgabe, eine ansprechende, einprägsame Verpackung zu gestalten, um die Kundschaft auf das Produkt aufmerksam zu machen. Ein Teil davon war ein Etikett, welches in kurzen Aussagen die Vorzüge der Waren anpries. Später wurde das Etikett noch mit einem roten Diagonalstreifen ergänzt. Der Erfolg war durchschlagend und so wurde jedes Windmühlenmesser mit diesem Etikett auf dem Griff ausgestattet. Paul wurde 1911 Teilhaber der Firma und 1914 alleiniger Inhaber.


Die 3. und 4 Generation: Werner, Günter und Robert

Günter Herder und Werner Herder, die Söhne von Paul Herder folgten als dritte Generation. Werner, geboren am 06. Mai 1903, trat mit knapp 23 Jahren 1925 in die Firma ein, nach einem Studienaufenthalt in München und einer Volontärzeit in einer Exportfirma. Günter, geboren am 19. Februar 1916, trat entsprechend dem großen Altersabstand der Brüder nach seiner Heimkehr wegen seiner schweren Kriegsverletzung im Jahr 1943 in die Firma ein. Vor dem Krieg hatte er nach dem Abitur ein Volontariat bei der Hamburger Exportfirma Henry Bethe absolviert.

Nach dem Krieg führten die Brüder die Firma erfolgreich weiter. Günter Herder war für die Verwaltung und den Verkauf verantwortlich, Werner Herder für die Fertigung und teilweise für die Betreuung der Märkte in Belgien und Holland. Durch großen Fleiß und das unerschütterliche Hochhalten der Qualität wuchsen die Umsätze und es gelang die Firma erstmals schuldenfrei zu stellen.

Aufgrund der wachsenden Umsätze wurde eine Vergrößerung der Fertigung notwendig. Der kriegsbeschädigte Mittelteil des Fabrikgebäudes wurde neu gebaut und 1958 für die Schleiferei und Reiderei fertiggestellt. Später, 1966, folgte das neue Bürohaus an der Ellerstraße.

Mitte der 1950er Jahre trat Werners ältester Sohn Robert mit in die Firma ein. Er übernahm nach und nach die Aufgaben seines Vaters Werner. Er verstarb 1985 überraschend krankheitsbedingt im Alter von nur 50 Jahren.


Werner Herder

Günter Herder

Robert Herder


4. und 5. Generation: Giselheid Herder-Scholz und Frank Daniel Herder

Giselheid Herder-Scholz, geboren am 04. November 1960, jüngste Tochter von Günter Herder, folgte 1986 gemeinsam mit ihrem Ehemann Franco Scholz in die Firma. Nach dem Abitur absolvierte sie eine Banklehre und wurde bei der Bank in zweiter Ausbildung zum Devisenhändler ausgebildet. Diesen Beruf übte sie bis 1986 aus. Ab 1988, nach dem überraschenden Tod des Ehemannes, trat sie voll tätig in die Firma ein und übernahm nach dem Tod von Günter Herder im April 1993 die Geschäftsführung.

Frank Daniel Herder, geboren am 06. Dezember 1964, Sohn von Robert Herder, folgte im gleichen Jahr 1986. Nach seinem Schulabschluss und der Ausbildung zum Speditionskaufmann durchlief er bis 1988 einige technische Praktika in verschiedenen Solinger Firmen, trat danach aktiv ein und kam 1993 ebenfalls in die Geschäftsführung.

Die 1990er Jahre haben große Herausforderungen mit sich gebracht. Durch die deutsche Wiedervereinigung und die Öffnung der osteuropäischen Länder hat sich die Handelslandschaft grundlegend geändert. Märkte haben sich verschoben, neue sind hinzugekommen. Die Einführung des Euro als neue Währung in 2000 hat nochmals Aufgaben in einer vernünftigen Preisgestaltung und der Positionierung unserer Marke und ihrer Produkte gestellt. Hier hat sehr geholfen, dass wir eine breite Kundschaft in den unterschiedlichsten Branchen haben.

Bei allem sind wir unserer Qualitätsmaxime treu geblieben und sind dabei noch einen Schritt weiter gegangen - den zu noch intensiverer Handarbeit in der Fertigung. Waren unsere Windmühlenmesser immer schon zu einem großen Anteil in Handarbeit gefertigt, so wollten wir das noch verstärken, da wir überzeugt sind, dass ein in sorgfältiger Handarbeit hergestelltes Messer einfach besser ist. Da die alten Handwerksberufe der Messerfertigung, wie Schleifer, Pließter, Reider und Ausmacher bereits 1969 abgeschafft wurden, waren die noch damals ausgebildeten Mitarbeiter naturgemäß bereits im Rentenalter oder kurz davor. Da wir weiterhin die speziellen Qualitäten machen wollten wie von Hand blaugepließte Klingen mit besonderen Formen und fein ausgearbeitete Griffe aus heimischen Hölzern wie z.B. der Kirsche, Pflaume oder Walnuss und seit 02.01.2013 FSC®-zertifizierte Rotbuche. Daher beschlossen wir, die alten Ausbildungsberufe wiederzubeleben, um das Handwerk zu erhalten, was uns nach sechs Jahren Verhandlung mit der IHK Solingen auch gelang.

Unser Credo:
„Gute Messer sind von Hand gemacht.“

Mit Hilfe unseres letzten Schleifermeisters Wilfried Fehrekampf haben wir ein Ausbildungsprogramm für junge Schleifer aufgelegt. Er hat ab 1997 zehn Jahre lang unseren jungen Nachwuchs ausgebildet, weit über sein Rentenalter hinaus. Hierfür sind wir ihm zutiefst dankbar.

Seine Nachfolgeschaft trägt dieses traditionsreiche Handwerk des Dünnschliffes und des „Pließtens“ (Feinschleifen) mit Ehre und Stolz weiter. Es bildet mit die Grundlage für den Erhalt der Fertigung der handgemachten Messer, ganz im Sinne unseres Großvaters Paul Herder. Das gleiche haben wir ab 2002 mit den Handwerken, die die Griffertigung betreffen durchgeführt, das „Reiden“ (Griffmontage) und das „Ausmachen“ (Ausarbeiten der Grifform). Zwei Jahre später folgte die Ausbildung des Besteckreiders und -ausmachers, denn wir hatten in 1998 die Firma Eichenlaub übernommen.

Die 2000er Jahre waren arbeitsintensive, dem weiteren Aufbau und Wachstum der Firma gewidmete Zeiten. Wir reorganisierten unsere Lager und die Fertigung, investierten und bauten um. Wir gestalteten Messer mit neuen Designs, die den Zeitgeist trafen, aber doch unverwechselbare Windmühlenmesser sind. Der Parmoulin, die K-Serie und das Brotmesser Grandmoulin sowie die ab den 2010er Jahren entstandenen Fischmesser SeaKnives und die Käsemesser-Serie Fromago sind einige davon. Ab 2002 wurden wir für verschiedene dieser neuen Messer mit renommierte Designauszeichnungen, wie z.B. den IF design award Hannover oder den Roten Punkt und sogar den Good Design Award in Japan bedacht.

Ab 1999 bis heute erarbeiteten wir uns weitere Märkte, auch außerhalb Europas. Neben unseren Stammmärkten in Belgien und den Niederlanden, sind wir z.B. auch in Japan, Südkorea, Taiwan und Saudi-Arabien vertreten. Heute kennt man Windmühlenmesser in 24 Ländern der Erde.


Giselheid Herder-Scholz

Frank Daniel Herder

Wilfried Fehrekampf (* 27.11.1936 - † 16.05.2011) 50 Jahre Schleifer und Pließter bei der Windmühle


Unsere ersten Designpreise: Parmoulin und Grandmoulin, 2002 und 2003

Die 2000er Jahre waren arbeitsintensive, dem weiteren Aufbau und Wachstum der Firma gewidmete Zeiten. Wir reorganisierten unsere Läger und die Fertigung, investierten und bauten um. Wir gestalteten Messer mit neuen Designs, die den Zeitgeist trafen, aber doch unverwechselbare Windmühlenmesser sind. Der Parmoulin, die K-Serie und das Brotmesser Grandmoulin sowie die ab den 2010er Jahren entstandenen Fischmesser SeaKnives und die Käsemesser-Serie Fromago sind einige davon.

Ab 2002 wurden wir für verschiedene dieser neuen Messer mit renommierte Designauszeichnungen, wie z.B. den IF design award Hannover oder den Roten Punkt und sogar den Good Design Award in Japan bedacht.

Ab 1999 bis heute erarbeiteten wir uns weitere Märkte, auch außerhalb Europas. Neben unseren Stammmärkten in Belgien und den Niederlanden, sind wir z.B. auch in Japan, Südkorea, Taiwan und Saudi-Arabien vertreten. Heute kennt man Windmühlenmesser in 24 Ländern der Erde.Das Ganze hätten wir nicht geschafft ohne die Arbeit und Treue unserer Mitarbeiter, die nun auf eine Mannschaft von über 80 Personen angewachsen sind. Wir danken unseren Mitarbeitern, dass sie diesen oft nicht immer einfachen Weg mit uns gegangen sind, und die Handwerksbotschaft und die Firma hochhalten.

Gute Messer sind von Hand gemacht, in guten wie in schlechten Zeiten, auch nach 150 Jahren.